Die Glocken der Moritzkirche

Sieben Glocken beherbergt der Turm der Moritzkirche.

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Die Glocken der Augsburger Moritzkirche

 

Der Turm der Augsburger Moritzkirche birgt einen wertvollen Schatz: Hoch über den Dächern der Stadt läuten vier mittelalterliche Glocken, die den umfangreichsten historischen Glockenbestand Augsburgs und zugleich ein Ensemble von überregionaler Bedeutung darstellen. Drei Glocken des 21. Jahrhunderts ergänzen das Quartett zu einem beindruckenden siebenstimmigen Geläute, das sich durch seine ungewöhnliche Tonfolge und unterschiedlichen Klangfarben auszeichnet. Daneben bildet es nach St. Ulrich und Afra das vielstimmigste Geläute im Stadtgebiet.

 

Glocke 1 – MAURITIUS

 

Nominal f/1                   1690 kg             Ø1360 mm                    Gegossen 1360 von Glockengießer Hermann Kessler II. in Nürnberg.

 

Krone

sechs runde Henkel mit Flechtbändern

 

Inschrift

auf der Schulter (zweizeilig, zwischendoppelten glatten Zierringen, in gotischen Majuskeln):

🕭 ✥ XP  ̄E ✿ TVE 🕭 LAVDI ✿SANCTVS 🕭 MAVRICIVS ✿ASTAT ✥ HVNC ✿DEVS 🕭 EXAVDI ✿SVIS 🕭 VT ✿LETICIA 🕭 CRESCAT ✥SVM 🕭 VAS ✿EX 🕭 ERE ✿TRIA 🕭 NVNCIO ✿FVNERA 🕭 FLERE ✥FESTA ✿ FREQVENTARE [schräg heruntergeführt] // 🕭 NOCVVM ✿TEMPVSQ[UE] 🕭 FVGARE ✥ XP  ̄I[sic!] ✿ TVNC 🕭 ANNVS ✿M ✿ TER ✿C ✿ SEXAGEBINVS 🕭 KESSLER ✿HERMANNVS 🕭 FECIT ✿ HOC 🕭 NVRENBERG ✿ORIVNDVS ✥ O ✿MARIA 🕭 ✿🕭

 

[lat. Christus, Deinem Lob soll der Heilige Mauritius dienen. Erhöre ihn, Herr. Ich bin ein ehernes Gefäß, das den Seinen die Freude vermehren soll. Drei Dinge kündige ich an: Beerdigungen zu beweinen, sich an den Festtagen zahlreich zu versammeln, vor Unwetter zu fliehen. Im Jahre Christi 1360 hat diese Glocke der aus Nürnberg stammende Hermann Kessler gemacht, o Maria.]

 

sonstige Zier

am Wolm:

ein glatter Zierring

 

Besonderes

Die Glocke besitzt eine sehr hohe Wandstärke und dadurch eine enorme Tonfülle.

Eine etwa gleich große Schwester mit ähnlichem Timbre von Hermann Kessler II. 1388 hängt im Perlachturm und dient dort dem Stundennachschlag.

 

Kurioses

Anfang Dezember 1363, drei Jahre nachdem Glockenguss, erhielt das Kollegiatstift St. Moritz ein Schreiben der Stadt Nürnberg mit der Aufforderung des Glockengießers, die Schulden endlich zu begleichen. Der Aufforderung wurde offenbar umgehend folgegeleistet, denn am Tag vor Heiligabend bestätigten Kessler und seine Frau den Erhalt der Summe.

 

Glocke 2 – MARIA

 

Nominal g/1                  1080kg             Ø 1155 mm                    Gegossenam 1. September 1299 von einem Meister Konrad.

 

Krone

sechs runde, glatte, abgeschrägte Henkel

 

Inschrift

auf der Schulter (zweizeilig, zwischendoppelten glatten Zierringen, in gotischen Minuskeln und Majuskeln):

✠ ME ✠RESONANTE ✠ PIA ✠POPVLI ✠ MEMOR ✠ESTO ✠ MARIA // ✠ANNO ✠ D  ̄ ✠ MO ✠COC ✠XOC ✠IX ✠ K  ̄L ✠ SEP  ̄T✠ MAGISTER ✠CVNR  ̄ ✠ME ✠ FECIT (runde Gießerplakette mit einem Glöckchen und schwer zu entziffernder Umschrift)

 

[lat. Wenn ich erschalle, sei Du, gnädige Maria, Deines Volkes eingedenk. An den Kalenden des Septembers im Jahre des Herrn 1299 hat mich Meister Konrad geschaffen.]

 

sonstige Zier

am Wolm:

ein glatter Zierring

 

über der Schärfe:

Randversteifung

 

Besonderes

Auch die Seniorin des Moritzgeläutes weist eine sehr schwere Rippe auf. Nach den beiden Theophilus-Glocken des Hohen Doms und der Benediktus-Glocke von St. Ulrich und Afra ist sie die nächstälteste Glocke der Stadt. Ihr Gießer ist möglicherweise identisch mit dem Meister der Bronzegrabplatte des Bischofs Wolfhart von Roth in der Konradkapelle des Mariendoms.

 

Glocke 3 – HOSANNA

 

Nominal as/1                720 kg                Ø 1055 mm                    Gegossen 1514 von Laux Zotman in Augsburg.

 

Krone

sechs Kronenhenkel mit Masken

 

Zier

auf der Schulter:

gotischer Maßwerkfries mit Kreuzigungsgruppe und Medaillon mit dem Lamm Gottes (?)

 

Inschrift

auf der Schulter in einem Schriftband (ingotischen Minuskeln):

✥ anno (Engelchen oder Tier?) domini (gekreuzte Zweige?) 1514 (Hase?) vata [= ave] maria (Fuchs?) gracia (Steinbock?)  blenna [sic!] (Löwe?) dominvs (1 oder 2Personen?) teckvm (Heiliger) osano (Madonna) hsich lavx zotman gos

 

[= Im Jahre des Herrn 1514. Gegrüßet seist Du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit Dir. Hosanna heiße ich, Laux Zotman goss mich.]

 

sonstige Zier

am Wolm:

ein glatter Zierring

 

über der Schärfe:

Randversteifung

 

Glocke 4 – BRUN

 

Nominal c/2                   316 kg                Ø 810 mm                      Gegossen 2003 von Rudolf Perner in Passau.

 

Krone

sechs profilierte Henkel in der Art des F. W. Schilling

 

Relief

auf der Flanke:

Bischof Brun, Gründer der Moritzkirche(Darstellung nach einer Fotografie des verschollenen Epitaphs)

 

Inschrift

auf der Schulter (zwischen zwei glatten Zierringen, in Antiquaschrift):

ST. MORITZ AUGSBURG

 

auf der Flanke (in Antiquaschrift):

IUSSU FIDELIUM HUIUS PAROCHIAE FACTASUM / ANNO BIS MILLESIMO TERTIO / AD AUGENDAM GLORIAM BRUNI EPISCOPI AUGUSTANI/ ET FRATIS SANCTI HEINRICI II. IMP. / QUI HOC LOCO ABHINC MILLE PROPE ANNOS /ECCLESIAM FIERI STATUIT / EAMQUE SANCTO MAURITIO MARTYRI DICAVIT

 

[lat. Auf Geheiß der Gläubigen dieser Pfarreiwurde ich im Jahre 2003 geschaffen, um den Ruhm des Bruno, des Augsburger Bischofs und Bruders des Heiligen Kaisers Heinrich II., zu mehren, der vor ungefähr 1000 Jahren beschlossen hat, an diesem Ort eine Kirche errichten zulassen und diese dem Heiligen Märtyrer Mauritius weihte.]

 

sonstige Zier

am Wolm:

drei glatte Zierringe

 

Besonderes

Die Brun- sowie die nachfolgende Jakobusglocke ersetzen zwei Vorgängerinnen aus dem 19. Jahrhundert, die im 1. Weltkrieg abgeliefert werden mussten.

 

Glocke 5 – JAKOBUSDER ÄLTERE

 

Nominal es/2                193 kg                Ø 678 mm                      Gegossen2003 von Rudolf Perner in Passau.

 

Krone

sechs profilierte Henkel in der Art des F. W. Schilling

 

Inschrift

auf der Schulter (zwischen zweiglatten Zierringen):

ST. MORITZ AUGSBURG

 

auf der Flanke (in Antiquaschrift):

ANNOBIS MILLESIMO TERTIO FIDELES ET BENEFACTORES / PAROCHIAE SANCTI MAURITIIAUGUSTANAE ME FIERI / ET SANCTO JACOBO MAIORI DICARI STATUERUNT / UT OMNESPEREGRINOS QUI AD SANCTUARIUM EIUS VISENDUM / IN ULTIMAM HIBERIAMPROFICISCERENTUR / CUSTODIRET ET DUM ITER HUIUS MUNDI FACERENT / VIAM AD VERAMSALUTEM INDICARET

 

[lat. Im Jahre 2003 haben dieGläubigen und die Wohltäter der Pfarrei St. Moritz in Augsburg beschlossen,mich schaffen zu lassen und dem Heiligen Jakobus Major zu weihen, damit er allePilger beschütze, die sich aufmachen, seinen Wallfahrtsort im äußersten WinkelSpaniens zu besuchen, und ihnen, während sie ihren Weg auf dieser Erde gehen, denjenigen zum wahren Heil aufzeige.]

 

sonstige Zier

auf der Flanke:

Gießerplakette

 

am Wolm:

drei glatte Zierringe

 

Besonderes

Jakobus der Ältere wurde als Glockenpatron ausgewählt, weil St. Moritz an einem alten Pilgerweg zum Grab des Apostels nach Santiago de Compostela liegt.

 

Glocke 6 – STERBEGLOCKE

 

Nominal ges/2              ca. 170 kg         Ø670 mm                      Gegossen 1515 vom Augsburger Glockengießer Laux Zotman.

 

Krone

sechs runde, glatte, abgeschrägte Henkel

 

Inschrift

auf der Schulter (in gotischen Majuskeln):

✥ANA [= anno] dOMINI 1515 VAE [= Ave] MARIA GRACIA PLENNA [!] dOMINUS LAUXZOTMAN GOS

 

[= Im Jahr des Herrn 1515. Gegrüßet seist du Maria, voll der Gnade, der Herr. Laux Zotman gos mich.]

 

weitere Zier

am Schlagring:

ein glatter Zierring

 

Glocke 7 – LEBENS-UND AUFERSTEHUNGSGLOCKE

 

Nominal as/2                86 kg                  Ø 510 mm                      Am11. Juli 2019 in der Glockengießerei Grassmayr in Innsbruck gegossen.

Krone

sechs glatte, abgeschrägte Henkel

 

Relief

auf der Flanke:

„Der Stein ist weg“, Entwurf des oberösterreichischen Künstlers Hermann Eckerstorfer: Zwei Figuren spielen mit dem Stein vom Grab Jesu, der symbolisch für alles Schwere und Belastende steht, das mit Gottes Hilfe zu etwas Leichtem wird, mit dem wir umgehen können.

 

Inschrift

auf der Flanke (in Antiquaschrift, aus Psalm 116):

DU / HAST MEIN LEBEN / DEM TODENTRISSEN / MEIN AUGE DEN TRÄNEN / MEINEN FUSS DEM STRAUCHELN

 

am Wolm:

TAUSEND JAHRE MORITZKIRCHE AUGSBURG1019-2019

 

weitere Zier

auf der Haube:

verspielte Salamander als Auferstehungssymbol

 

Besonderes

Die Glocke wurde zum Abschluss der Tausendjahrfeier der Moritzkirche von einem Wohltäter aus persönlicher Dankbarkeit gestiftet. Sie ist nach einer Glocke im vorarlbergischen Schoppernau die erste Kirchenglocke aus dem Hause Grassmayr in Duroktavrippe.

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